Die wichtigste Frage


Christusfresko in der Krypta von Anagni

Gedanken aus der Predigt

Jesus Christus werden immer wieder Fragen gestellt. Es sind Fragen, welche die Menschen bewegten. Manche Gesprächspartner wollen Ihn zu einer Antwort provozieren, die Ihm in der Öffentlichkeit schaden könnte. Sie konfrontierten Ihn mit der Frage der Ehe oder der Steuern. Wir kennen aber auch Gespräche mit ehrlichem Interesse. Zwei Schriftgelehrte treten in den Evangelien besonders hervor: Der eine wird mit Namen genannt, Nikodemus. Er kam in der Nacht heimlich zu Christus. Der andere bleibt ohne Namen. Er stellt Christus ganz offen vor allen Leuten eine Frage. 

Was dachte sich der Evangelist Markus, als er uns seinen Namen verschwieg? Jeder könnte sich selbst in diese Situation stellen. Denn er stellte die Frage, die ihn am meisten bewegt: „Welches Gebot ist das erste von allen?“ (Mk 12,28) Viele Probleme oder Herausforderungen bewältigen wir jeden Tag: Was werde ich heute essen? Was mache ich zuerst im Haushalt? Welche Aufgabe für die Schule muss ich gleich erledigen? Was kann warten? Was schenke ich einem Freund? Was ziehe ich heute an?

Aber was ist die Frage, die mich jetzt besonders bewegt? Wem kann ich sie stellen?

Wie wertvoll ist ein Freund, der immer bereit ist, meine Fragen anzuhören, der mich nicht lächerlich macht, der mein ehrliches Interesse spürt. Genauso so geht Jesus mit dem Schriftgelehrten um. Er traut ihm selbst zu, die Frage, die ihn bewegt, zu beantworten. Er bietet ihm die Antwort der Hl. Schrift an: aus dem Buch Deuteronomium und Levitikus, die zu den wichtigsten Büchern des Alten Testaments gehören, den Fünf Büchern des Mose. Der Schriftgelehrte nimmt das Vertrauen an. Er hat einen Schatz, den er sich in den Jahren seines Studiums angelegt hat. Er hat sein Gewissen gebildet. Der Schriftgelehrte bestätigt die Antwort Jesu.

Das Gespräch der beiden vermittelt eine Atmosphäre des Vertrauens. Sie bestätigen einander. Sie sind im Glauben verwurzelt. Der Schriftgelehrte verleiht Jesus den hohen Titel Meister, so wie Ihn Maria Magdalena nach Seiner Auferstehung im Garten nennen wird.

Die Antwort kommt aus dem Hören. Deshalb steht dieses Wort am Beginn des wichtigsten Gebots. „Höre, Israel!“ Und es ist eingebettet in die Wirklichkeit, dass Gott der Einzige ist. „Der Herr, unser Gott, der Herr ist einzig.“

Was bewegt mich heute? Wem kann ich die Frage stellen? Jesus Christus ist auch unser Meister des Lebens, Meister der Lebenskunst, weil Er selbst vorlebt, worüber Er spricht. In diesem innerlichen, vertrauensvollen Umgang, den Er mit uns pflegt, hilft Er uns, die Fragen zu beantworten. Er ist der Hohepriester, die auf ewig uns nahe ist. „Darum kann er auch die, die durch ihn vor Gott hintreten, für immer retten; denn er lebt allezeit, um für sie einzutreten.“ (Hebr 7,25)