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05.12.2015

"Ich freue mich, dass Gott an mich denkt."


Christliche Gemeinde!
Liebe Brüder und Schwestern!

Wir hören dieses Jahr den Evangelisten Lukas, den Arzt, den Begleiter des Hl. Paulus, der das großartige Evangelium und die Apostelgeschichte geschrieben hat, der Jesus als den Arzt darstellt, den Heiler, den Barmherzigen. 

Das Kapitel 15 seines Evangeliums, das großartige „Verlorenen-Kapitel“, der „Verlorene Sohn“, das ist alles von ihm. Und wenn er auch die Apostelgeschichte schreibt, so sehen wir, dass er auch historisch interessiert war, war ein Historiker. 

Er verankert Jesus in der Geschichte. Ich muss es immer wieder sagen: Wir wissen von keiner Person des Altertums so viel wie über Jesus Christus. Von allen Kaisern, von allen Personen der Antike wissen wir, weil einige Mönche das als Lehrbücher abgeschrieben haben, zum Teil 600 Jahre nach den Ereignissen. 

Vom Evangelium haben wir die ersten Abschriften nur wenige Jahrzehnte nach diesen Ereignissen. Kaum eine Person ist so bezeugt in der Geschichte wie die Person Jesu Christi. Wer behauptet, sie hätte nicht gelebt, ist einfach ungebildet.

Und, wenn wir heute aufs Evangelium schauen, dann sehen wir, was wir auch sonst oft nicht wüssten, außer vom Evangelium, das Who is Who der Geschichte der Zeit Jesu. Da werden die klingenden Namen aufgezählt da geht es um die Macht der Welt. Wer hat das Sagen. Und das sagen ist damals unumschränkt. Wir kennen ja Diktaturen und das war gerade im Osten so. Das fünfzehnte Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, Pontius Pilatus, Herodes Antipas, sein Bruder Philippus, Lysanias, Hannas und Kajaphas, die Hohenpriester.

Wer ist denn Kaiser Tiberius eigentlich? Was ist denn das für ein Mann der Macht gewesen? Er war ein Stiefsohn, Adoptivsohn des ersten Kaisers Augustus, war ein brillanter Heerführer mit großem Einfluss und charakterlich unglaublich schwach. Er war ein Mann, der sich gegen Schluss seines Lebens zurückgezogen hat auf die Insel Capri, sein Gut. In der Nähe von Rom gibt es einen Palast von ihm. Wir haben ihn besucht auf der Maturareise einmal. Da ist mitten im Palast eine kleine Insel, die ist von einem Wasser umgeben, mit einer einzelnen Brücke, die er herunterlassen konnte, wenn er wollte. Er hat sich komplett zurückgezogen zeitweise. Er war ein Mann mit schweren Depressionen, der gegen Schluss seines Lebens sich mehr der Lust ergeben hat. Mehr kann man nicht sagen, weil Kinder hier sitzen, aber ein Mann, der nicht moralisch hochstehend gewesen ist. 

Pilatus kennen wir, 26-36, löst er den Herodes Archelaus ab, der wegen übertriebener Grausamkeit, der Nachfolger des Herodes, von den Römern abgesetzt wurde. Das heißt schon einiges. Und Pilatus war ein käuflicher Verwalter. Er herrscht 10 Jahre, freundet sich mit dem Hohenpriester Kajaphas an und beide werden im Jahr 36 abgesetzt. Und Pilatus wird in das Gebiet der heutigen Schweiz in die Verbannung geschickt, und Kajaphas verliert seine Ämter. 

Herodes Antipas, von dem wir auch gehört haben, der Tetrarch von Galiläa, das ist der Landesherr Jesu. Beim Prozess wird Jesus ihm vorgeführt. Er möchte ein bisserl Zauberkunststücke sehen. Jesu spricht nicht einmal mit ihm. Er verspottet ihn, dieser Herodes. Er wird im Jahr 39 des Amtes enthoben, auch in die Schweiz verbannt. Die Schweiz muss ein beliebter Verbannungsort gewesen sein. So ändern sich die Zeiten. Entweder in das Gebiet des heutigen Rumäniens ans Schwarze Meer oder in die Schweiz war die Verbannung damals. Und das waren die Herrscher dieser Welt. 

Interessanterweise verlieren alle ihre Ämter zwei bis drei Jahre nach Jesu Hinrichtung. Um das Jahr 36 sind die Herrschaften alle nicht mehr im Amt, sind in Verbannung oder abgesetzt. Und das ist die Macht, die halt einfach anzuschaffen hat. Und gerade bei ihnen sieht man dieses Gerangel um die weltliche Macht, dass man sich durchsetzen muss. „Du bist der Freund des Kaisers.“ „Du bist in Ungnade.“ „Du bist nicht mehr der Freund des Kaisers.“ 
Das hat alles unglaublich viel zu sagen. Und das ist klar: Wer Macht hat, der kann anschaffen. Wer Macht hat, der ist selbstbestimmt. Wer Macht hat, der hat ein Budget. 

Herodes der Große hat unglaublich das Volk ausgepresst. Da gab es eine Geheimnispolizei, Versammlungsverbot, alles, was wir in der Neuzeit wieder entdeckt haben. 

Es waren unglaubliche Verhältnisse. Eine fremde Macht herrscht über Galiläa, der Römische Kaiser. Die Juden haben nichts zu sagen. Das Land gehört ausländischen Grundbesitzern, nicht einmal den Juden vor Ort. Wer Macht hat, der kann sich durchsetzen. Und dennoch hat man den Eindruck und es stimmt auch: Das kann doch nicht das Letzte sein. 

Und in dieser Situation, wo alles so einerseits festgefahren ist und wie in einer Zwangsjacke drinnen ist, kommt dieses eine Wort: „Da erging das Wort Gottes in der Wüste an Johannes einem Einsiedler.“ So wirkt Gott in dieser Welt? In einer ganz entfernten Provinz. Tausende Kilometer entfernt, unbedeutend, aufrührerisch, man hat sie vor kurzem erst, 63 v. Chr., ans Römische Reich angeschlossen, Provinz Syrien, eben dieses Syrien, wo heute diese Katastrophe sich abspielt, unglaublich wie die historischen Stätten immer wieder die Bruchlinien der Geschichte sind, in diesem Syrien, Provinz Syrien, ergeht das Wort Gottes an einen Einsiedler in der Wüste

Das müsste uns wirklich zum Nachdenken bringen, dass Gott nicht hier in das Kapitol in Rom, dem Kaiser irgendwo eine Botschaft bringt. Ein Einsiedler in der Wüste beginnt die Geschichte umzuändern. So wirkt Gott auf völlig ganz andere Art und Weise.

Wenn wir jetzt Weihnachten feiern und dann Ostern, da haben wir zwei Symbole, die den Hl. Franziskus unglaublich bewegt haben. Zwei Feste und zwei Symbole prägen das Leben des Hl. Franziskus: die Krippe und das Kreuz und beides sind nicht Symbole der Herrschaft. Kein Herrscher, kein Kaiser wurde in die Krippe gelegt. Und kein Herrscher geht für andere an das Kreuz. Das ist das Christentum. Das ist eigentlich unglaublich, wie Gott ganz anders wirkt, als wir uns das vorstellen. Krippe und Kreuz. Gott verzichtet auf die weltliche Macht, um vom Menschen geliebt zu werden. 

Die Liebe kann man nicht erzwingen. Man kann auf diesen Ruf Gottes hören. Glaube, Hoffnung, Liebe sind nicht erzwingbar von niemandem. Gerade der in einer Beziehung ist, der weiß doch wie das ist. Man kann sich darum bemühen, man kann werben, aber man kann es nicht erzwingen, schon gar nicht anbefehlen. So wie die Freude: man nicht sagen kann: „Jetzt freu dich doch einmal endlich. Versöhne dich doch endlich.“ Sondern das sind Dinge, die von innen heraus kommen. Und Gott will geliebt werden. Gott will, dass man an ihn glaubt. Er will dass man auf ihn hofft. Und deswegen zwingt Gott nicht den Menschen.

Ich denke mir das immer, wenn wir heute so massiv, was ich mir nie vorstellen hätte können, wie ich vierzig Jahre unterrichtet habe, dass in Europa Glaubens-kriege geführt werden, dass plötzlich in einem Glaubenskrieg Menschen, den Namen Gottes auf den Lippen, andere umbringen, weil sie Ungläubige sind. Ich hätte mir das nie vorstellen können, dass man so etwas noch einmal erleben muss. Das ist nicht das Wesen Gottes. Gott zwingt nicht. Er will, dass wir ihn in Freiheit lieben, verehren, achten. Dass ist unser Gott.

Und darum ergeht der Ruf an den Einsiedler in der Wüste, und ganz ohne Zwang Gott geliebt wird. Und, wir haben heute in der 1. Lesung so Großartiges gehört: „Sie freuen sich, dass Gott an sie gedacht hat.“ Das ist eigentlich der Glaube. Und auf das müssen wir drauf kommen. Nicht der Zwang: Jetzt muss ich wieder in die Mess‘ gehen. Jetzt ist wieder Sonntag. Jetzt muss ich wieder beten. Jetzt muss ich Brevier beten.“ Usw. „Sie freuen sich, dass Gott an sie gedacht hat.“ Sie freuen sich. Ich freue mich, dass Gott an mich gedacht hat. 

Wann kann ich das eigentlich einmal sagen? Wann bin ich drauf gekommen, dass Gott an mich gedacht hat, dass er mich gewollt hat, dass er an mich denkt, immer wieder denkt. Er gibt dir für immer einen Namen, jedem von euch, den ihr entdecken müsst. Friede der Gerechtigkeit und Herrlichkeit der Gottesfurcht. 

Wir verstehen das ja komplett anders. „Gottesfurcht“ heißt: wir müssen vor Gott zittern. Er ist so groß, so gewaltig, so eindrucksvoll. Die Herrlichkeit der Gottesfurcht, die Schönheit der Frömmigkeit. Ich glaube, dass wir das wirklich einmal entdecken können. Und wenn wir das entdeckt haben, dann wissen wir, dass es einen lebendigen Gott gibt, der der Herr der Geschichte ist und nicht diese Cäsaren, Imperatoren, wie sie alle heißen, die mit Panzer und Gewalt die Welt verwüsten.

Amen.



Abschrift der Homilie von P. Bonifaz Tittel OSB
für die Eucharistie feiernde Gemeinde in Breitenlee 
6.Dezember 2015 –  2. Adventsonntag LJC 
L1: Bar 5, 1-9
L2: Phil 1, 4-6.8-11
Ev: Lk 3, 1-6




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