27.03.2016

Auferstehung ist Verwandlung


Christliche Gemeinde!
Liebe Brüder und Schwestern!

Auferstehung hat sichtlich etwas mit Verwandlung, Veränderung zu tun. Derselbe Jesus, den sie lange Jahre begleitet haben, erscheint ihnen. Aber das wirklich Erstaunliche ist, dass sie ihn durchwegs nicht erkennen.

Maria von Magdala glaubt, es ist der Gärtner, der hinter ihr steht. Und sie fragt ihn: „Wenn du der Gärtner bist, sag mir, wohin du ihn gelegt hast.“ Die Emmaus-Jünger gehen einen Nachmittag mit ihm, es ist für sie ein Fremder, ein Fremder, der ihnen die Schrift auslegt und erklärt. Die Apostel glauben zunächst bei der Auferstehung: es ist ein Gespenst, erschrecken und schreien auf, dass Jesus sagen muss: „Greift mich doch an. Hat ein Gespenst Knochen, Leib wie ich? Gebt mir etwas zu essen.“ Und für Paulus ist Jesus einfach nur ein Licht, ein Licht, dass ihn blendet, dass er blind wird. Jesus erscheint in der Auferstehung nicht so wie die Engel bei der Verkündigung der Hirten, die sagen „Fürchtet euch nicht.“

Normalerweise, wenn der Himmel einbricht in die menschliche Welt, ist Entsetzen da. Das „fascinosum“ und das „tremendum“ wie die Religionwissenschaften sagen. Das Faszinierende und das Erschreckende. „Fürchtet euch nicht.“ Wenn Gabriel eintritt zu Maria „Fürchte dich nicht.“ Wenn Jesus, der Herr in die Welt kommt, ich find, das ist fast so wie bei seiner Geburt, als er in den Stall geboren wird. Er betritt als Gott gleichsam über die Hintertür, die Dienertür, den Dienereingang diese Welt. Und genauso kommt er als Auferstandener nicht als der Schreckeinflößende zurück. Eigentlich unglaublich. Warum ist das so?

Zunächst einmal, weil er durch die Erscheinungen des Auferstandenen die Leute nicht erschrecken, überwältigen will, zum Glauben zwingen will. Er möchte sie zum Glauben führen. Er möchte sie langsam zum Glauben führen. Und das ist das große Geheimnis Jesu. Gott fährt über den Menschen nicht drüber. Er geht mit ihm ein Stück, ja das ganze Leben lang, damit dann dieser Mensch in dem Begleiter Gott erkennt. Er geht ein Leben lang und erklärt durch die Heilige Schrift, am Sonntag, durch die Predigt, wer Gott ist, der dich begleitet. Gott macht nicht einen einzigen Gewaltakt, damit du erlöst, gerettet wirst, sondern er begleitet dich zum Glauben.

Und so hat die Auferstehung etwas mit Verwandlung zu tun, auch mit unserer Verwandlung. Der Hl. Paulus sagt: „Wir erwarten Christus, den Auferstandenen vom Himmel her, der unseren armseligen Leib in die Gestalt seines verherrlichten Leibes verwandeln wird, in die Kraft, mit der er sich alles unterworfen hat.“ 

Wir erwarten als Christen, dass wir denselben Auferstehungsleib Jesu bekommen, wie ihn Jesus hat. Das ist eigentlich ungeheuerlich. Das beeindruckt uns natürlich. Denn der Leib Jesu, der auferstandene Leib ist etwas ganz Eigenartiges. Jesus erscheint dort, wo er will, erscheint wie er will, erscheint wann er will. Er ist herausgehoben aus unserer Gefangenschaft in drei Dimensionen, in Ort und Zeit. Er lebt eine ganz andere Dimension. 

Das beeindruckt uns sicherlich auch, dass wir auch die Aussicht haben auf diesen Auferstehungsleib Jesu, unser armseliger Leib. Jeder, der Krankheiten hat, der alt wird, der weiß wie begrenz man ist, der weiß, dass der Leib armselig ist. Diesen Leib in Ewigkeit haben, wäre ein Fluch. Damit kommen wir nicht zurecht, aber so einen verherrlichten Leib haben, wäre schon etwas. 

Aber wir vergessen etwas, was noch viel wichtiger ist als die äußere Form: Jesus verwandelt auch das Innere des Menschen. In der Auferstehung wird der Mensch neu geschaffen. Wir haben es gerade im 1. Gebet gebetet. „Gib, dass wir durch den Geist neu geschaffen werden.“

Was ist denn die Krankheit des Menschen seit dem Sündenfall des Adam: dass er immer wieder zur Sünde neigt, dass er immer wieder hinfällt, dass er boshaft ist, dass er seinen Vorteil will, nicht den Vorteil des anderen, dass mehr auf sich schaut, dass er egoistisch ist, um sich kreist. Das ist der Mensch der geprägt ist vom ersten Adam. 

In der Auferstehung, heißt es, schafft Jesus den Menschen neu. Er ist der erste Adam, der ganz nach dem Willen Gottes lebt. Die Propheten drücken das so aus. „Der alte Mensch hat ein Herz aus Stein.“ Ein Herz aus Stein, wir wissen, was das bedeutet. „Und es wird uns Gott ein Herz aus Fleisch schenken.“ Ein Herz aus Fleisch, das mitfühlend ist, das gerne den Willen Gottes tut. 

Wir müssen uns alle fragen: Wie schaut denn das aus? Ein Mensch der gerne nach dem Willen Gottes lebt, der für Gott lebt, frei von der Sünde, der mit Gott und in Gott lebt und das gerne, weil es seine Berufung ist. 

Wir haben diese Frucht der Auferstehung in der Taufe bekommen. Nicht umsonst wird immer wieder darauf in der Liturgie der Osternacht hingewiesen. In der Taufe hast du dieses neue Herz schon bekommen. In der Taufe hast du diesen Heiligen Geist schon bekommen, der dein Herz verändert und verwandelt zum Herz aus Fleisch, das für Gott lebt.

Und da stellen wir uns natürlich die Frage: Und warum spüren wir dann so wenig in unserem Alltag? Warum leiden wir denn dann immer noch unter der Schuld und Sünde? Die Antwort ist ganz einfach, auch wenn es uns schwer fällt, sie nachzuvollziehen: weil Gott keine Marionetten will, keine neugeschaffenen Puppen gleichsam, sondern weil er Mitarbeiter will und gläubige Menschen will. Weil er Mitarbeiter will in dieser Welt. Und wir leben in der Spannung von "einerseits ist es schon da". Es hat schon angefangen. Es hat schon begonnen dieses neue Herz, aber wir haben noch sehr viel von diesem alten Herz, das böse ist. Und langsam diesen Weg zu gehen, das ist der Weg des Glaubens, den wir unser ganzes Leben lang gehen. Unser Leben hat im Grunde keinen einzigen anderen Sinn, als dass wir langsam lernen, auf Gott zuzugehen, dieses neue Herz, das wir durch die Taufe schon bekommen haben, in uns größer werden zu lassen, nicht kleiner werden zu lassen. Das ist doch der Weg der Heiligen, die im Grunde die Seligkeit gefunden haben, weil sie eben gewusst haben, wie sie mit Gott leben können.

Das ist die Spannung, die Christus selber beschreibt beim Wachstum des Reiches Gottes. Ein Senfkorn, das ganz kleinste und dann wird es größer als alle anderen Gewächse. Der Sauerteig, ein wenig, und dann wird alles durchsäuert. Genauso ist es beim Heiligen Geist in der Taufe. Es beginnt ganz klein wie Kinder klein beginnen und dann werden sie erwachsen und werden reif. Und genauso soll es mit diesem reifen Herz sein, das Gott liebt. Wir sollen durch die Schwierigkeiten des Lebens zum Glauben kommen.

Eines der schönsten Osterereignisse ist eigentlich die Begegnung mit Maria Magdalena. Maria Magdalena, die glaubt, es ist der Gärtner. Und da genügt ein einziges Wort, ein einziges Wort und sie kommt zum Glauben, weil sie Jesus vorher ihr Leben lang schon geliebt hat. Er braucht nur sagen: „Maria“ und sie weiß: Sie ist gemeint. Und sie weiß: Er ist der Meister, dem sie ihr Leben lang nachgefolgt ist.

Amen.

Abschrift der Homilie von P. Bonifaz Tittel OSB
für die Eucharistie feiernde Gemeinde in Breitenlee 
27. März 2016 – Hochfest der Auferstehung  des Herrn - Ostersonntag  LJC
L1: Apg 10, 34a.37-43
L2: 1 Kor 5, 6b-8
Ev: Joh 20, 1-9