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02.04.2016

Das Jahr der Barmherzigkeit


Die Auferstehungsikone im städtischen Museum von Velikij Novgorod, photographiert auf der Pfarrwallfahrt 2014. Christus steht auf den Pforten der Welt der Toten und hilft den Gerechten hinauf in den Himmel. Er reicht gerade Adam und Eva die Hände. Hinter ihm stehen für die gläubigen Menschen der vielen Jahrhunderte die Propheten und Könige Israels und Johannes der Täufer.

Die Statue des auferstandenen Christus steht über dem Aussetzungsthron auf dem Hochaltar der Enzersfelder Pfarrkirche in der ganzen Osterzeit bis Pfingsten. Christus ist deshalb so dargstellt, weil damit gezeigt wird, dass er mit Seele und Leib auferstanden ist.

Papst Franziskus hat ein außerordentliches Heiliges Jahr ausgerufen: das Jahr der Barmherzigkeit. Das ist eine jahrhundertealte Tradition der Kirche, die viele Menschen zum Anlass nehmen, um ihren Glauben an Christus zu erneuern. Normalerweise wird ein Heiliges Jahr alle 25 Jahre ausgerufen. Ein besonderes Zeichen dafür ist die Heilige Pforte, das rechte Tor neben dem Hauptportal des Petersdoms. Diese Heilige Pforte wird nur im Heiligen Jahr geöffnet. 

Kehren wir zurück zum Sinn des Heiligen Jahres. Wie kann man den Glauben erneuern? Zuerst legt es sich nahe, ihn zu hinterfragen. Das ist heute einfach. Viele hinterfragen die Kirche, die Existenz Gottes, den Sinn der Nächstenliebe. Mancher musste sich schon rechtfertigen, dass er immer noch treu zur Kirche steht. 

Wie können wir unseren Glauben erneuern? Das Bild der Heiligen Pforte ist hier sehr hilfreich. Wo gibt es eine Tür, die uns auf diesen Weg zu Gott führt? "Öffnet mir die Tore der Gerechtigkeit, damit ich eintrete, um dem Herrn zu danken!" (Ps 118, 19) Die Kirche zeigt uns den Weg zu Christus, wie er sich seit der Zeit der Apostel bewährt hat. Dabei sind die Formen, diese "Türen" immer neu und immer gleich: Werke der Barmherzigkeit, regelmäßiges Gebet, Hl. Messe in der Gemeinschaft der Pfarren, gottgeweihtes Leben, Familienzusammenhalt.

Als Christ zu leben, bedeutet wirklich, eine neue Einstellung zum Leben zu haben. Es ändert sich die Sicht auf die Welt grundsätzlich. Warum? Durch den Glauben erschließt sich ein großer Teil der Wirklichkeit, der sonst verschlossen bleibt. Gott ist wirklich in dieser Welt gegenwärtig, die er geschaffen hat. "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt." (Mt28,20) Glauben bedeutet, die Tür zu dieser Erkenntnis zu öffnen.

Wo ist die Tür zum Leben mit Gott? Die erste und wichtigste Tür ist die Taufe. Sie verbindet uns mit Christus. Nicht umsonst werden viele Taufen in der Osternacht gespendet, in der die Israeliten die Tür zu Freiheit durchschritten sind, in der Christus das verschlossene Tor des Todes für die Menschen geöffnet hat. Auf Ikonen wird Christus, der Auferstandene, dargestellt, als er auf dem Tor der Totenwelt steht. Er zieht Adam und Eva und mit ihnen alle Menschen, die Gott suchten, aus der Gottferne in seine Gegenwart. 

Wir sind also getauft und haben den unmittelbaren Zugang zum Glauben. Warum fällt es uns trotzdem schwer? Warum verlieren viele heute die Lust, diesen Zugang zu nützen? Warum durchschreiten so wenige diese Tür zum Glauben, die jetzt ganz offen steht?

Zuerst muss man bedenken, dass jeder diese Tür verfehlen kann. Jesus selbst macht uns darauf aufmerksam. "Das Tor, das zum Leben führt, ist eng." (Mt 7,14) Es ist breit genug, dass alle hineingehen, aber in unserer Wahrnehmung wird das Tor zum Glauben nebensächlich, schmucklos, unattraktiv. Sind die Eingangshallen von Plästen, Einkaufszentren und sogar Flughäfen nicht viel ansprechender, als das Tor einer Kirche? Dort kann man direkt und schnell etwas erreichen - ein Reiseziel, ein Mittagessen, ein lohnender Einkauf. Oder nicht umsonst nennt man auch den Zugang zum Internet ein Portal. In der Kirche scheint es nichts zu geben.

Aber selbst wenn wir uns im Einkaufen, im Internetsurfen zu verlieren scheinen, Christus geht uns nach. So mancher stößt auf eine christliche Website oder trifft einen Freund im Einkaufszentrum, der ihn an den Firmunterricht erinnert oder zur Hl. Messe einlädt. Das ist die Barmherzigkeit Gottes, dass Er uns nachgeht. Er sucht uns wie ein Hirte ein verlorenes Schaf. Er hält nach uns Ausschau wie der Vater nach seinem verlorenen Sohn. 

Bedenken wir noch einmal das Bild der Tür, der Pforte zum Glauben. Wie ist sie beschaffen? Das erste ist also, dass das Tor zum Leben nicht spektakulär aufbereitet ist. Das zweite ist, dass Christus bei uns anklopft, wir Ihm aber nicht öffnen. Vielleicht hören wir Ihn nicht oder wollen Ihn nicht, weil Er uns stört? Vielleicht wissen wir eh schon alles besser oder haben wir Angst?

"Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir." (Offb 3,20)

Unsere Situation ist nicht neu. Die Situation der Menschen im 21. Jh. unterscheidet sich diesbezüglich nicht von der Lage der Menschen früherer Jahrhunderte. Die Apostel verschlossen "aus Furcht" (Joh 20,19) die Türen. Damit sind die Türen des Raumes gemeint, wo sie sich in Jerusalem nach dem Tod Jesu trafen. Vielleicht berieten sie sich, ob es noch einen Sinn hatte, diesen Weg mit Jesus weiter zu gehen. Vielleicht war es als letztes Treffen gedacht, bevor jeder seinen Weg ging. Christus überraschte sie und am meisten den Hl. Thomas. Thomas wusste es besser: "Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe, ... glaube ich nicht." (Joh 20,25) Angst und Besserwisserei sind die Riegel vor der Tür unserer Seele. Alle Apostel glaubten ihren Augen erst nicht, dann kam der Schritt, der sie zu Aposteln machte, zu Glaubenszeugen: Sie öffneten sich innerlich

Die Apostel waren überrascht, hinterfragten, ob das stimmen kann, dass Jesus vor ihnen steht, ließen sich von Ihm überzeugen - und "freuten sich, dass sie den Herrn sahen" (Joh 20,10). Auch der hartnäckigste Zweifler Thomas war bereit, seine eigene Position zu überprüfen. Er ging ja zu dem nächsten Treffen 8 Tage darauf, am nächsten Sonntag. Dann kam diese Begegnung, die sein Leben änderte: "Mein Herr und mein Gott!" (Joh 20,28)

Die Jünger sind durch diese enge Tür, das Tor zur Gerechtigkeit, das Tor zum Glauben gegangen. Sie haben auch das Tor ihres eigenen Herzens geöffnet. "Hebt euch ihr Pforten, denn es kommt der König der Herrlichkeit!" (Ps 24,7)

Was in den Jüngern vorging, soll sich auch bei uns ereignen. Aus der Angst und dem Besserwissen heraustreten und sich Gott öffnen - das ist der Sinn von Ereignissen wie dem Heiligen Jahr. 

Heuer ist wieder die Heilige Pforte im Petersdom geöffnet, die sonst geschlossen ist. Auch in den Diözesen gibt es solche Pforten. Sie laden uns ein durchzugehen - geistig auf Christus zuzugehen, der schon an die Tür unserer Seele klopft. Dieses Durchgehen, diese innere Hinwendung zu Gott bedeutet, dass wir innerlich von unserem Misstrauen ablassen. Die Kirche hilft uns dabei. Diese Umkehr der Seele wird noch wirksamer durch die Beichte, die Kommunion und das Gebet, das uns mit dem Papst und der ganzen Kirche verbindet. Vom Misstrauen ablassen, sich helfen lassen, den Weg zu Gott zu finden - die Kirche nennt das einen Ablass, weil uns die Kraft der Glaubensgemeinschaft, der Gemeinschaft der Heiligen auf diesem Weg hilft.

Und noch ein Detail unserer Kirchen. Die Gegenwart Christi ist an einem besonderen Ort spürbar, der kleinste, aber wertvollste Ort, der Tabernakel, mit der kleinsten Tür, die uns doch ein Zeichen der Gnade des Glaubens ist.

Weitere Informationen zum den Pforten im Jahr der Barmherzigkeit 12

 




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